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Fitness-Tracker schwächeln

09.09.2016

CRISP-Forscher der TU Darmstadt decken schwere Sicherheitsmängel auf

Sie sehen oft aus wie eine Armbanduhr, können aber viel mehr, als nur die Zeit anzeigen. Sogenannte „Fitness-Tracker“ sammeln im großen Stil Informationen über die Lebensweise und den Gesundheitsstatus ihrer Nutzer, um ihnen beispielsweise beim Trainieren oder Abnehmen zu helfen.

Die Beliebtheit und Verbreitung dieser Geräte nimmt immer weiter zu. Allein im ersten Quartal 2016 wurden weltweit knapp 20 Millionen Fitness-Tracker verkauft (Quelle: IDC). Viele zeichnen per GPS die gelaufenen Kilometer auf, können Herzfrequenz und Puls messen oder feststellen, ob der Träger schläft. „Zunehmend werden diese Daten nicht für den ursprünglichen Zweck, sondern von Dritten verwendet“, erklärt CRISP-PI Ahmad-Reza Sadeghi. Sadeghi ist Professor für Systemsicherheit am Profilbereich Cyber­security (CYSEC) der TU Darmstadt und Direktor des Intel Collaborative Research Institute for Secure Computing (ICRI-SC).

In den USA werden Daten von Fitness-Trackern vor Gericht bereits als Beweismittel zugelassen, wie das Forbes Magazine schon 2014 berichtete. Fitness-Tracker würden von Polizisten und Juristen als „Black Box“ des menschlichen Körpers angesehen, schrieb die NY Daily News 2016. Und manche Krankenversicherungen bieten seit neuestem Rabatte an, wenn die Kunden dafür Daten ihrer Fitness-Tracker zur Verfügung stellen. Das locke Betrüger an, die die aufgezeichneten Daten verändern, um sich finanzielle Vorteile zu erschleichen oder gar einen Gerichtsprozess zu manipulieren, so Sadeghi. Umso wichtiger sei es, dass das Übertragen, Verarbeiten und Speichern der sensiblen persönlichen Daten hohen Sicherheitsstandards genügt.

Um das zu überprüfen, führten Sadeghi und sein Team in Kooperation mit der Universität Padua (Italien) eine Studie an 17 unterschiedlichen Fitness-Trackern durch, sowohl von weniger bekannten Herstellen als auch von beliebten Marken wie Xiaomi, Garmin und Jawbone. Die Forscher konzentrierten sich darauf, die an den Server gesendeten Daten durch einen „Man-in-the-Middle“-Angriff zu manipulieren und untersuchten dabei die Sicherheit der verwendeten Kommunikationsprotokolle.

Das Ergebnis: Zwar sichern alle cloud-basierten Tracking-Systeme die Datenübertragung mit dem verschlüsselten Protokoll HTTPS. Trotzdem gelang es den Forschern in allen Fällen die aufgezeichneten Daten zu manipulieren. Von den untersuchten Fitness-Trackern nutzen die meisten keine Schutzmechanismen, nur vier Hersteller verwenden geringfügige Maßnahmen zum Schutz der Integrität „also der Unversehrtheit und Unverändertheit “ der Daten. „Diese Hürden können einen motivierten Angreifer nicht aufhalten. Schon mit wenigen Vorkenntnissen wäre es Betrügern möglich, die Daten zu verfälschen“, warnt Sadeghi, da weder Ende-zu-Ende-Verschlüsselung noch ein sonstiger Manipulationsschutz während der Datenübertragung verwendet werde.

Fünf der untersuchten Geräte synchronisieren die Fitness-Daten nicht mit einem Online-Dienst. Allerdings speichern die Hersteller die Daten im Klartext, also unverschlüsselt und für jeden lesbar, auf dem Smartphone sobald dieses gestohlen oder mit einer Schadsoftware infiziert wird,  können die Daten unautorisiert weitergegeben und manipuliert werden. Ein weiteres Sicherheitsrisiko von Fitness-Trackern, das die Cyber­security-Experten der TU Darmstadt in ihrer Studie gefunden haben.

„Alle Versicherungen und auch andere Dienstleister, die Fitness-Tracker einsetzen wollen, sollten sich vorher mit Sicherheitsexperten beraten“, empfiehlt Sadeghi. Die in der Studie gefundenen Mängel seien mit bereits bekannten Standardtechnologien zu beheben, „die Hersteller müssten sich nur etwas mehr Mühe geben, diese auch in die Produkte zu integrieren.“

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